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für Bücherwürmer und Leseratten

Romane und Erzählungen

... verschieben den Blickwinkel, vermitteln Atmosphäre. Schön erzählte Geschichten erlauben das Eintauchen in verschiedenste Welten.

Muna oder Die Hälfte des Lebens

von Terezia Mora


Luchterhand, 2023

Muna oder Die Hälfte des Lebens Muna liebt Magnus, Magnus liebt eher niemanden. Die beiden führen eine Beziehung, die weder im Gleichgewicht noch gesund ist. Sie überdauert Munas halbes Leben. Statistisch gesehen. Erzählt wird die Geschichte dieser toxischen Liebe aus Munas Sicht, wodurch ein intensives Leseerlebnis entsteht. Man lernt Muna gut kennen und kann dadurch ihre – teilweise sehr unvernünftigen - Entscheidungen nachvollziehen. In dieser Intensität liegt meines Erachtens eine große Stärke des Buchs. Stilistisch besonders gefallen hat mir die ungewohnte Erzählweise gerade zu Beginn der Lektüre. Fast stolpernd präsentiert Muna Eindrücke der Situation, in der ihre Mutter ins Krankenhaus kommt. Eindrucksvoll. Einige Passagen im weiteren Verlauf habe ich als langatmig empfunden, in andere wäre ich gerne länger eingetaucht. Dennoch eine faszinierende Beziehungsgeschichte, die in Erinnerung bleibt.

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Die Summe des Ganzen

von Steven Uhly


secession, 2022

Die Summe des Ganzen Dieses dunkle Büchlein mit dem schwarzen Schaf auf dem Cover hat es in sich. Steven Uhly wagt sich an das heikle Thema Kindesmissbrauch und dessen Vertuschung durch die Kirche heran. Über dieses Buch darf man nicht zu viel verraten, denn die ganze Qualität des kleinen, aber feinen Werkes offenbart sich erst am Ende. Kernstück der Geschichte sind Gespräche im Beichtstuhl zwischen einem Sünder und einem Pfarrer. Gespräche, die sowohl bei den Beteiligten als auch bei Leser oder Leserin Fragen aufwerfen – und es sind nicht dieselben Fragen. Dem Autor gelingt es meisterhaft, die Handlung weiterzuentwickeln, und damit auch die Fragestellungen zu verschieben. Gelungen. Und wichtig.
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Verbrenn all meine Briefe

die Geschichte einer Liebe, die nicht sein darf, von Alex Schulman


dtv, 2022

Verbrenn all meine Briefe „Man sieht nur mit dem Herzen gut.“ So lautet das vielleicht bekannteste Zitat des Kleinen Prinzen von Saint-Exupéry, und es kam mir während der Lektüre dieses berührenden Buches immer wieder in den Sinn. Ein kränklicher Schriftsteller, eine verbotene Liebe, ein Unfall – nach und nach entfaltet sich das Bild der Geschehnisse. Gleichzeitig bekommt man ein immer deutlicheres Gespür für die handelnden Personen und deren toxische Beziehung zueinander. In faszinierender Weise gelingt es Schulman, die Beweggründe der einzelnen Personen nachvollziehbar darzustellen. Ich konnte mit ihnen fühlen – ganz ohne klares Bild vor Augen. Ich sah ihre innere Zerrissenheit – nicht die Haarfarbe. „Man schreibt nur mit dem Herzen gut.“ So könnte es in diesem Fall sehr treffend heißen. Bewegend über die so schön erzählte Geschichte hinaus ist der biographische Bezug des Werkes. Wie viel mag davon wirklich geschehen sein? Wie viel spürt man wohl in den Werken der Autoren Stolpe und Lagercrantz von Verrat und Liebessehnsucht? Das Buch liest sich zügig; die Nachwirkung bleibt länger.
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Das Jahr des Dugong

eine beeindruckende Klimageschichte von John Ironmonger


S. Fischer, 2021

Das Jahr des Dugong Toby Markham wacht auf und besteht nur noch aus Schmerzen. Merkwürdige Menschen pflegen ihn gesund und klagen ihn unter Androhung des langsamen Todes der Zerstörung der Schöpfung an. Nach und nach erinnert sich Toby an einzelne Geschehnisse seines Lebens, nach und nach wird ihm klar, wo und wann er sich befindet. Er wehrt sich gegen alle Vorwürfe, bestreitet seine Schuld und fühlt sich nicht verantwortlich. Doch dann erzählt er von seinen bewegendsten Moment der Wildtierfotografie. Berührende 135 Seiten, die mich gefesselt haben und kaum loslassen. Zu wichtig die Thematik, zu groß die wunderschön zum Ausdruck gebrachte Liebe zur Natur. Ich wünsche mir viele Leser für dieses Buch.

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Ist hier das Jenseits, fragt Schwein

eine wunderbare Fabel von Noemi Somalvico


Voland & Quist, 2022

Ist hier das Jenseits, fragt Schwein Wenn ein Buch in Schweinchenrosa und Himmelblau daherkommt, ...
... dann entlockt es mir zunächst ein zweifelndes Schmunzeln. Doch schon nach wenigen Seiten der Lektüre verschwindet der Zweifel. Das Schmunzeln bleibt. Die Handlung beginnt denkbar alltäglich mit Liebeskummer. Ungewöhnlich sind hingegen die Akteure - es sind Tiere. Dachs hat eine Maschine erfunden, mit der eine Reise in Gottes Wohnung möglich ist. Schwein begleitet Dachs. Reh hütet derweil Schweins Wohnung, kümmert sich um dessen Pflanzen und begegnet Hirsch. Er ist herrlich absurd zu lesen, wie wenig Gott über das Jenseits weiß. Der bunte Strauß verrückter Fragen, die Gott selbst stellt oder die er nicht beantworten kann, amüsiert zunächst und lässt dann den eigenen Gedanken freien Lauf. Sprachlich wartet die Autorin an vielen Stellen mit kreativen Ideen auf. Sie schreibt gleichermaßen poetisch wie klar, und hinter so manchem Satz schimmert eine Geschichte durch, voll der kleinen Alltäglichkeiten und voll der großen Gefühlen der Akteure. Lesenswert!
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Vor Rehen wird gewarnt

mein Lieblingsbuch von Vicky Baum


Arche Verlag, Originalausgabe 1951

Vor Rehen wird gewarnt Schon wieder ein Buch über Tiere? Tatsächlich ist es purer Zufall, dass sich hier gleich drei Bücher hintereinander finden, die wie eine Tiergeschichte betitelt sind. Dabei geht es gerade in diesem Roman um ganz menschliche Abgründe. Erzählt wird die Geschichte einer beeindruckende manipulativen Frau, die rehäugig und hilfsbedürftig daherkommt, sich aber rücksichtslos alles nimmt, was sie haben will. So auch Mann und Tochter ihrer Schwester. Eine wahrhaft starke Charakterdarstellung, herrlich boshaft.

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Rendez-vous in Paris

ein Liebesdrama von Vicky Baum


btb, 2014 - Originalausgabe 1935

Rendez-vous in Paris Die naive und etwas kränkliche Evelyn ist gelangweilt von ihrem Dasein als Hausfrau und Mutter an der Seite ihres nüchternen Ehemanns. Als sie den jungen Amerikaner Frank kennenlernt, wird in ihr eine unstillbare Sehnsucht nach Leben geweckt. Verliebt folgt sie Frank für ein Wochenende nach Paris … Vicky Baum versteht es meisterhaft, Menschen mit ihren Wünschen, ihren Ängsten, in ihren Zwängen und in ihren Beziehungen lebendig werden zu lassen. Die Rollenverteilung der 20er Jahre und das überraschende Ende waren für mich die besondere Würze dieses Romans.

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Das Rosieprojekt

eine verrückte Liebesgeschichte von Graeme Simsion


Fischer, 2015

Das Rosieprojekt Was kommt heraus, wenn ein Wissenschaftler versucht, die aus rationaler Sicht am besten passende Partnerin für eine Heirat zu finden? Erstmal ein perfekt ausgetüftelter Fragebogen. Dann kommt der Realitätstest und dem Protagonisten damit die irrationale Logik der Liebe dazwischen. Ziemlich witzig und ein bisschen märchenhaft. Auch wenn vorhersehbar ist, worauf es am Ende hinausläuft, ist der Weg dorthin überraschend und sehr unterhaltsam. Ein Buch, das die Laune hebt.

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Der Club der Traumtänzer

von Andreas Izquierdo


Dumont, 2016

Der Club der Traumtänzer Über Umwege kam dieses Buch zu mir, und es trägt so viel Herz in sich, dass ich es unbedingt empfehlen kann. Eine Geschichte, die zu Herzen geht, ein Romanheld, der Herzensbildung am eigenen Leib erfährt, und ein krankes Herz, das angewiesen macht auf ein Kunstherz oder ein Spenderherz. Geschrieben mit Witz und viel Gespür für Charaktere, einzig fehlt als notwendige Zugabe ein Taschentuch.

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Weil ich dich sehe

eine Liebesgeschichte von Julia Beylouny


dip3, 2020

Weil ich dich sehe Julia Beylouny ist eine der wenigen Autorinnen - vielleicht sogar die einzige -, denen ich der Einladung ihrer Liebesromane von Herzen gerne folge. Sie schreibt so erfrischend, dass man davon gute Laune bekommt und erzählt liebevoll eine Geschichte, die die Sehnsucht nach einem glücklichen Ende erfüllt. Als besonders bemerkenswert und hintergründig ;-) habe ich den Blick durch die Malerseele auf die Charaktere empfunden. Ein Lesevergnügen fürs Herz.

Acht Berge

eine Freundschaftsgeschichte von Paolo Cognetti


DVA 2. Auflage, 2017, ausgezeichnet mit dem Premio Strega, dem bedeutendsten Buchpreis Italiens

Acht Berge Es ist beeindruckend, mit welcher Hingabe und welcher Liebe zum Detail Cognetti die Bergwelt beschreibt. Er schildert sie so liebevoll, dass man sich fühlt wie im Urlaub in den Bergen; man riecht die Wiesen und Wälder, spürt die kühle Luft der Einsamkeit und hört das Plätschern des Baches. Es ist wirklich unglaublich schön, wie intensiv diese Empfindungen einen während des Lesens ergreifen. Erzählt wird die Geschichte einer außergewöhnlichen Männerfreundschaft. Ein Buch über Grenzen, körperlich und psychisch, über die Rhythmen der Natur, über den Versuch, auf der Alm seinen Lebensunterhalt zu erwirtschaften und winterliche Ruhe vor knisterndem Kamin. Wunderbar still, einfach nur schön.

Das Kleid meiner Mutter

von Anna Katharina Hahn


Suhrkamp, 2017

Das Kleid meiner Mutter Anna Katharina Hahn kann schreiben. Sie kann es so mitreißend, dass ich selbst nachts noch gelesen habe, als ich eigentlich schon viel zu müde war. Anna Katharina Hahn hat aber auch kein Problem damit, den Leser mit Fragen zurückzulassen. Verrückt anmutende Handlungen der Personen stehen im krassen Gegensatz zu dem klar gezeichneten Bild einer Generation in Spanien, die mutlos in die Zukunft blickt, weil die Gesellschaft sie nicht braucht. Es ist ein Buch für Menschen, die das Absurde mögen und nicht für alle Geschehnisse eine Erklärung brauchen.

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Per Anhalter durch die Galaxis

ein Kultroman von Douglas Adams


Kein & Aber, 2017, erste Ausgabe als Romanreihe ab 1979

Per Anhalter durch die Galaxis Wer ihn gelesen hat, weiß Bescheid: Die Antwort auf die Frage aller Fragen ist 42, und es ist immer von Nutzen, sein Handtuch mit dabei zu haben. Es beginnt schon damit, dass Arthur Dent von der – zugegeben gut versteckten – Bekanntgabe, sein Haus müsse einer Straße weichen, nichts mitbekommen hat. Dass gleichzeitig die Erde einer intergalaktischen Route weichen muss, macht sein Problem nicht kleiner, aber immerhin weniger relevant. Es folgt eine amüsante Reise von Planet zu Planet bis hin zum Restaurant am Ende des Universums, im Gepäck ein Reiseführer mit der beruhigenden Aufschrift „keine Panik“, die lange Zeit mein Federmäppchen geziert hat.

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